Tinnitus ist primär keine Krankheit des Ohres, sondern ein sogenanntes „psychoakustisches Phänomen“, kurz: eine Fehlverarbeitung von akustischen Signalen im Gehirn. Diese Fehlfunktionen werden durch Schädigungen von Hörsinneszellen im Innenohr ausgelöst, was wiederum zur Folge hat, dass Ionen unkontrolliert in diese geschädigten Zellen einströmen und hier eine „Übererregung“ auslösen. Dies wiederum verursacht eine vermehrte Ausschüttung von Botenstoffen (Neurotransmitter), wodurch ständig sogenannte „Potenziale“ in der Hörbahn entstehen, die vom Gehirn als Tinnitus interpretiert werden können.
Der chronische Tinnitus entsteht durch einen Lernprozess der Hörbahn: Das Ohrgeräusch wird nach ausreichend langer Einwirkung auf die verarbeitenden Hirnareale als Muster abgespeichert und bleibt dort als eigenständiges Signal bestehen. Danach ist es gleich, ob der ursprüngliche Auslöser verschwindet oder nicht.
Die Ursachen sind so vielfältig wie seine Ausprägungen und Auswirkungen. In jedem Fall ist eine genaue medizinische Untersuchung der Betroffenen notwendig, beispielsweise durch einen HNO-Spezialisten, Neurologen, Internisten und/oder Orthopäden. Nur sie können eine physische Ursache wie Morbus Menière (eine Erkrankung des Innenohrs), eine Verengung der großen Halsgefäße, eine Abnutzung der Halswirbelsäule, Kiefergelenkstörungen sowie eine Reihe von internistischen Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck ausschließen. Sehr häufig wird der Tinnitus durch eine Schädigung des Innenohrs infolge eines Lärm- oder Knalltraumas verursacht. Dabei kann es zu einer irreparablen Schädigung der inneren und äußeren Haarzellen in der Hörschnecke kommen. Vermutet wird, dass auch starke psychische Belastungen wie Stress in der Schule oder im Beruf Auslöser für einen Tinnitus sein können.
Da die Zahl der Tinnitus-Patienten stetig steigt und jeder vierte Betroffene einen Verlust der Lebensqualität beklagt, ist es überaus wichtig, dass die Erforschung der Ursachen für Tinnitus sowie neue Wege der Behandlung forciert und intensiviert werden.